Boîtes pour fiches et cartes de visite

Eine Karteikarte ist zunächst nur eine relativ kleinformatige, linierte, karierte oder blanko gehaltene Karte in Weiß oder in verschiedenen Farben. Typischerweise aus Papier mit einem recht hohen Quadratmetergewicht im Bereich des Halb- oder Vollkartons. In unseren Bereiten werden dafür praktisch ausschließlich die vier recht kleinen Papierformate

• DIN A5,
• DIN A6,
• DIN A7 und
• DIN A8

verwendet. In Nationen mit anderen Standards werden ähnlich kompakte Abmessungen benutzt.

Doch um zu verstehen, warum Karteikarten bis zum heutigen Tag Vorteile bieten, ist es zunächst nötig, die historischen Hintergründe zu kennen. Dieses Thema findet, wie es so häufig der Fall ist, seine Wurzeln in der Industrialisierung zwischen dem Ende des 18. und dem frühen 20. Jahrhundert.

Über Jahrhunderte zuvor war es weder üblich noch notwendig, größere Mengen von Daten gesondert zu erfassen. Dazu trug nicht zuletzt der hohe Papierpreis bei sowie die Tatsache, dass noch bis tief ins Zeitalter der Aufklärung nur eine Minderheit des Schreibens und Lesens mächtig war.

Doch schon zu diesen Zeiten gab es unter Gelehrten eine gewisse „Zettelwirtschaft“ aus in Büchern eingelegten Einzelblättern, um Ergänzungen und Anmerkungen niederschreiben zu können – mehr Notizzettel als Karteikarten. Der Schweizer Universalgelehrte Conrad Gessner (1516 – 1565) nutzte allerdings nachweislich kleinformatige Zettel, um seine Bibliotheca universalis zu erstellen: Der welterste Almanach, der sämtliche erhältlichen Werke in der Frühzeit des Buchdrucks auflistete und gleichsam die nachweislich erste Kartenkartei nach unserem Verständnis.

Der Startschuss für das, was wir heute als Karteisystem mit Karten kennen, war die Französische Revolution. Während dieser Zeit wurden in Frankreich bei Adligen und anderen hochgestellten Persönlichkeiten Millionen von Büchern beschlagnahmt.

Allerdings waren die Revolutionäre nicht auf Zerstörung dieser Werke aus. Sie waren sich bewusst, welchen umfangreichen Wissensschatz sie erbeutet hatten. Daher begann ein Karteiprojekt – ausgerechnet auf Spielkartenrücken. Diese Karten wurden mit Autoren, Titeln, Genres und einer kurzen Inhaltsangabe beschriftet und sortiert. Über den Verbleib dieser Sammlung, die dem Vernehmen nach über eine Millionen Karteikarten enthielt, ist leider nichts mehr bekannt.

Was jedoch die endgültige Verbreitung des Karteisystems einläutete, war die bereits angesprochene Industrialisierung. Hier kamen mehrere Faktoren zusammen:

• Papier wurde durch die industrialisierte Herstellung binnen kürzester Zeit extrem günstig.
• Die fortschreitende Verbürgerlichung und das ebenso neu aufblühende Staatswesen sorgten dafür, dass die Alphabetisierungsraten in den aufkeimenden Industrienationen deutlich zurückgingen.
• In Form der Fabriken entstand eine völlig neue Art von Firma. In diesen Konzernen arbeiteten nicht selten mehrere Tausend Menschen. Ebenso viele unterschiedliche Datensätze waren nun festzuhalten – auch solche jenseits des Personalwesens, etwa für Lagerbestände, Teilenummern und dergleichen. Dinge also, die in der vorherigen Welt der Manufakturfertigung kaum von Belang waren.

In der Folge bekam die Karteikarte eine Aufgabe, die heute von digitalen Datenverarbeitungssystemen und Programmen übernommen wird: Die eines nach einem exakten Schema sortierten und somit nach allen möglichen Parametern durchforstbaren Datenträgers, der in diesem Fall sowohl Speicher- wie auch Schreib- und Darstellungsmedium ist.

Zu dieser Zeit entwickelten sich basierend auf der Karteikarte sogar die ersten Verfahren zum Codieren und maschinellen Auswerten von Datensätzen. Sogenannte Randlochkarten besaßen rund um den Rand mehrere Löcher. Je nachdem, welche Kriterien die darauf eingetragenen Daten erfüllten, wurden die nicht damit übereinstimmenden Löcher ausgerissen.

In der Folge war es möglich, in einem unsortierten Kartenstapel eine Nadel durch das für einen bestimmten Parameter stehende Loch zu führen. Die rechte obere Ecke war diagonal abgeschnitten, damit alle Karten gleich orientiert waren. Hob man die Karten so waagerecht an, blieben nur diejenigen hängen, deren Löcher noch geschlossen waren, weil sie diese Parameter enthielten.

Damit war es beispielsweise in einer Bibliothek möglich, sämtliche Neuzugänge und Rückläufer ungeordnet in einen Karteikasten zu legen und erst danach eine Sortierung, etwa basierend auf Genres oder Themengebieten, vorzunehmen. Für die damalige Zeit eine Revolution, die erst 1890 durch das völlig auf reinen Lochkarten (ohne handschriftliche Eintragungen) basierende „Hollerith-Verfahren“ und eine dazugehörige Tabelliermaschine (prinzipiell die ersten Computer) ersetzt wurde.

Noch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hätte unsere Welt ohne handschriftliche, bedruckte oder computerverwertbare digitale Karteikarten nicht funktioniert. Ganz gleich ob Einwohnermeldeamt, Verkehrssünderkartei oder Kundenliste in Betrieben: Überall wurden händisch oder mit der Schreibmaschine beschriftete Karteikarten herangezogen.

Gerade das war aber auch das Problem: Die Datenmenge wurde schlicht zu groß. Das sorgte in vielen Bereichen dafür, dass das an sich übersichtliche System durch die schiere Masse von Karteikarten unübersichtlich wurde.

Dies war der Grund, warum sich ab den 1960er Jahren die elektronische Datenverarbeitung immer mehr verbreitete und man sich zügig von Lochkarten entfernte: Es war damit einfach deutlich weniger aufwendig geworden, Datensätze zu erstellen und zu pflegen. Gleichzeitig war es ausgeschlossen, dass eine falsch einsortierte oder fehlende Karteikarte eine Folge weiterer Fehler nach sich ziehen konnte.

Tabellenkalkulationsprogramme existieren schon seit geraumer Zeit in kostenlosen Open-Source-Varianten. Jedes Smartphone verfügt über einen riesigen Speicher, in dem sich nicht nur die Telefonnummern der Kontakte ablegen lassen, sondern auch noch zahllose andere Informationen.

Angesichts dieser digitalen Verfügbarkeit stellt sich die Frage, welchen Sinn es heute noch macht, Karteikarten zu verwenden und den Aufwand zu betreiben, eine damit bestückte Kartei zu pflegen. Tatsächlich gibt es mehrere vorteilhafte Punkte aufzulisten:

• Kaum ein Computerprogramm ist so variabel wie eine Kartei. Nach welchem System sie aufgebaut und sortiert wird, obliegt einzig und allein der Person, die sie sich aufbaut.
• Schon DIN A5 ist ein recht kleines Format, DIN A6 und folgende sind noch kompakter. Dadurch zwingt die Karteikarte dazu, sich auf wesentliche Informationen zu konzentrieren.
• Je nachdem, was darauf notiert werden soll, kann man zwischen karierten Karten und solchen mit Lineatur wählen.
• Wenn eine nicht mehr benötigte Karteikarte entfernt wird, dann ist nur sie weg. Es entstehen keine offenen digitalen Verknüpfungen, keine Dateireste und ähnliche Nachteile.
• Die Kartei ist ein System, das jedem offensteht, der zählen kann und das Alphabet beherrscht. Darüber hinaus sind keine Kenntnisse oder Einarbeitungszeiten notwendig.
• Die Kartei funktioniert immer. Sie benötigt weder Strom und erst recht keine funktionierenden online Datenverbindungen. Wird sie mit Permanent-Marker beschriftet, ist sie durch das dicke Papier sogar überraschend feuchtigkeitsunempfindlich.

Darüber hinaus gibt es eine wichtige Eigenschaft des menschlichen Gehirns miteinzubeziehen: Wenn wir aktiv manuell schreiben, ist dies für unser Gehirn ein völlig anderer Prozess als bei einer Eingabe der Informationen über eine Tastatur. Durch diese tiefere Beschäftigung mit den festzuhaltenden Inhalten fließen die Informationen deutlich besser ins Gedächtnis ein.

Der Effekt ist derselbe, den mancher vielleicht aus Schulzeiten kennt: Beim Schreiben eines Spickzettels wurde sich viel Mühe gegeben, möglichst viele Informationen auf einer winzig kleinen Fläche zusammenzufassen. Bei der anschließenden Klausur wurde der Spickzettel gar nicht mehr benötigt, weil sein Inhalt im Gedächtnis abrufbar war.

Dahinter steckt auch der Grund, warum bis zum heutigen Tag viele Schüler und noch mehr Studierende die Karteikarte als wichtiges Medium nutzen, um selbst komplexe Informationen möglichst rasch zu lernen – und der Erfolg gibt ihnen Recht. Trotz unzähliger digitaler Alternativen ist diese charmant analoge Lernmethode heute ungebrochen beliebt. Sinnvoll ist es die Information pro Karteikarte so kompakt wie möglich zusammenzufassen.

Aus diesem Grund empfehlen wir auch, bei der Verwendung von Karteikarten zum Lernen möglichst auf die kleineren Formate DIN A7 und Karteikarten DIN A8 zu setzen.